Lärmberechnungen, Lärmkartierung bzw. Lärmaktionsplan in Reutlingen
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Keck,
die Stadtverwaltung hat eine Lärmkartierung nach EU-Umgebungslärmrichtlinie von allen Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen mit mehr als 400 Fahrzeugen in 24 Stunden erstellt.
Der Lärmaktionsplan forderte lediglich Bundes- und Landstraßen mit mehr als 8.200 Fahrzeugen in 24 Stunden. Der Lärm wird lediglich berechnet, nicht gemessen. In die Berechnung wird der Fahrbahnbelag, Schwerlastverkehrsanteil und Abstand zu den Gebäuden mit einberechnet.
Die Europäische Kommission veröffentlichte 2015 gemeinsame Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Lärmbelastung (CNOSSOS).
Seit dem 31. Dezember 2018 ist ein europaweit harmonisiertes Berechnungsverfahren (CNOSSOS-EU) vorgeschrieben.
Diese Berechnungsverfahren wurden geändert und an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt und an die nationalen Besonderheiten und Daten in Deutschland angepasst.
Die Bekanntmachung erfolgte am 5. Oktober 2021 im Bundesanzeiger.
Die für die Berechnung der Lärmkarten verwendeten Softwareprodukte müssen die normgerechte Implementierung dieser Vorschriften sicherstellen.
Daraus folgend stellt die WiR-Fraktion folgende Antrag:
- Die neuen Berechnungsverfahren zur Lärmbelastung werden in eine weitere Fortschreibung (3. Fortschreibung) des Lärmaktionsplan implementiert. Dieser wird zeitnah bearbeitet, fertiggestellt und den gemeinderätlichen Gremien vorgestellt.
- In dieser Fortschreibung werden auch die Lärmemissionen möglicher verschiedener Trassenführungen der geplanten Regional-Stadtbahn berücksichtigt und dargestellt?
Begründung:
Nicht nur Studien der der WHO haben festgestellt, dass Lärm krank macht. Mehr als 75 % der Bevölkerung haben Problem mit Lärm.
Eine stark steigende Anzahl der Beschwerden richtet sich gegen den Bahngüterverkehr, aber auch immer mehr gegen den innerstädtischen ÖPNV mit Schienenfahrzeugen.
Durch die geänderten Berechnungsverfahren, welche an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt angepasst wurden, ergeben sich Änderungen in der Bewertung der Lärmbelastung von bis zu 3 dBA.
Die Berechnungen für die Lärmkartierungen nach EU-Umgebungslärmrichtlinie wurden bis 2017 nach vorläufigen Berechnungsverfahren durchgeführt, die an die bestehenden nationalen Regelwerke (RLS-90 für Straßenverkehr, Schall 03 für Schienenverkehr, TA Lärm für Industrie und Gewerbe) angelehnt waren. Um die Rechtssicherheit der Lärmschutzmassnahmen in Reutlingen zu sichern, sollte dies zeitnah umgesetzt werden.
Für die Berechnung des Straßenverkehrslärms sind folgende Angaben notwendig:
– Anzahl der Fahrzeuge in jeder Fahrzeugklasse pro Stunde am Tag (6 – 18 Uhr),
am Abend (18 – 22 Uhr) und in der Nacht (22 – 6 Uhr):
– 1. Leichte Kfz: Pkw, Lieferwagen <= 3,5 t, Geländewagen, incl. Anhänger,
– 2. Mittelschwere Fahrzeuge: Lieferwagen > 3,5 t, Busse, Wohnmobile mit zwei Achsen,
– 3. Schwere Fahrzeuge: schwere Nutzfahrzeuge, Busse mit drei oder mehr Achsen,
– 4. Zweirädrige Kraftfahrzeuge: a. Mopeds, b. Motorräder mit und ohne Seitenwagen,
– zulässige Höchstgeschwindigkeit der einzelnen Fahrzeugklassen,
– Art der Straßenoberfläche,
– Jahresdurchschnittstemperatur,
– Abstand zu einer ampelgeregelten Kreuzung oder Einmündung oder einem Kreisverkehr (bis 100 m),
– Straßensteigung oder -gefälle.
Für die Berechnung des Schienenverkehrslärms sind folgende Daten erforderlich:
– Anzahl der Fahrzeuge (Lokomotiven, Waggons) pro Stunde am Tag (6 – 18 Uhr),
am Abend (18 – 22 Uhr) und in der Nacht (22 – 6 Uhr),
– Anzahl der Achsen je Fahrzeug,
– Bremsentyp,
– zulässige Höchstgeschwindigkeit des Streckenabschnitts bzw. der Zugart,
– Art des Schienenoberbaus,
– Schienenzustand,
– Bahnübergänge, Art der Brücken,
– Kurvenradien.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Jürgen Straub (Autor der Anfrage)
(Fraktionsvorsitzender)
Marco Wolz
Wolfgang Aichele